«So viel Praxis wie möglich – so viel Theorie wie nötig!»
Auf Lehrbeginn 2022 ist im Detailhandel die reformierte Grundbildung «Verkauf 2022+» in Kraft getreten. Welches Ziel wird mit der Reform angestrebt?
Mit der Reform sollen die Lernenden noch besser auf den Beruf des Detailhändlers vorbereitet werden. Zwei zentrale Entwicklungen im Detailhandel haben den Anstoss zur Reform gegeben. Zum einen die wachsende Digitalisierung und zum anderen der stärkere Fokus auf den Kundennutzen. Den angehenden Detailhandelsfachleuten EFZ stehen zwei neue Schwerpunkte zur Auswahl, die genau dieser Entwicklung Rechnung tragen. Der erste Schwerpunkt ist das «Gestalten von Einkaufserlebnissen», wo die Lernenden für ihre Kunden und Kundinnen Erlebniswelten schaffen. Wichtig dabei sind nach wie vor die Beratungs- und Verkaufsgespräche. Im zweiten Schwerpunkt, dem «Betreuen von Online-Shops», präsentieren die Lernenden Produkte online und werten Daten zu Onlineverkäufen und zum Kundenverhalten aus.
Welche Auswirkungen hat diese Reform auf Ihre Abteilung?
Der schulische Unterricht erfolgt seit August 2022 handlungskompetenzorientiert. Dies bedeutet, dass die Lernenden näher am Berufsalltag unterrichtet werden. Wir haben keine Fächer mehr, sondern bereiten die nötige Theorie ausgehend von Handlungssituationen auf. Auf diese Weise findet eine Vernetzung der verschiedenen Inhalte statt und der Praxisbezug wird hergestellt. Zum Beispiel fliessen in der Handlungskompetenz «Kundenbedürfnis im Detailhandel analysieren und Lösungen präsentieren» die Berufskenntnisse, die Deutschkenntnisse sowie die Englischkenntnisse zusammen. Einen hohen Stellenwert werden dem selbständigen und individualisierten Lernen beigemessen. Die Lehrpersonen müssen umdenken und ihre Rolle neu finden. Sie müssen bereit sein, über das angestammte Fach hinaus zu unterrichten und sich als Lerncoach beweisen. Wir haben sehr engagierte Lehrpersonen, die jeden Tag ihr Bestes geben. Das stimmt mich sehr zuversichtlich. Die Reform ist aber ein Einschnitt, personell wie auch organisatorisch und bindet sehr viele Ressourcen.
Das tönt, als wäre diese Reform tiefgreifend und sehr herausfordernd. Wie gut ist Ihnen der Start gelungen?
Ich denke, wir haben ganz gut gestartet, aber es gibt natürlich immer Luft nach oben. Seit August arbeiten wir mit unserer neuen Lernplattform, die wir mit 11 anderen Schulen aus der Ostschweiz aufgebaut haben. Diese Art der Zusammenarbeit ist ebenfalls neuartig und sehr bereichernd. Zusammen konnten wir eine gute Lerngrundlage schaffen, die natürlich stetig verbessert werden soll. Zudem haben wir auf digitales Unterrichten umgestellt. Wir waren und sind also doppelt gefordert. Dennoch konnten wir ohne grössere Pannen einen qualitativ guten Unterricht sicherstellen.
Und was hat das Kinoplakat im Hintergrund mit der HKV Handelsschule KV Schaffhausen zu tun?
Eigentlich nicht so viel, auch wenn wir Lehrpersonen immer wieder bemüht sind, etwas Kultur und gesellschaftspolitische Themen in den Unterricht einzubringen. Das Kino ist für mich ein Ort der Inspiration, wo ich meine Alltagssorgen vergessen kann. Seit 2018 leiste ich im Verein Schwanen Kino & Theater in Stein am Rhein Freiwilligenarbeit. Ich tauche gerne in andere Welten ein und lasse mich durch Bilder und Musik verführen. Die Filme dürfen lustig, schräg, schrill, traurig oder sozialkritisch sein. Wichtig ist dann aber auch das anschliessende Beisammensein und die vielen tollen Gespräche.